Empfang: Gefährdungsbeurteilung
Facility Management: Empfangs- und Kontaktzentrum » Strategie » Betreiberverantwortung » Gefährdungsbeurteilung

Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Empfang“
Der Empfang (Rezeption, Front Office) ist die „Visitenkarte“ eines Unternehmens – hier laufen Besucher-, Kunden- und Lieferantenkontakte zusammen. Obwohl auf den ersten Blick ein Empfangsbereich weniger gefährlich wirken mag als etwa eine Produktionsanlage, sind Arbeitsschutzaspekte und Gefährdungsbeurteilungen auch hier zwingend zu beachten. Eine Gefährdungsbeurteilung ist auch für den Empfangsbereich gesetzlich vorgeschrieben, gemäß § 5 ArbSchG und § 3 ArbStättV. Der potenzielle Handlungsbedarf umfasst ergonomische, psychische und sicherheitstechnische Aspekte. Hauptgefahren sind Ergonomische Fehlbelastungen (ungünstige Theken- und Möblierungsgestaltung), psychische Belastungen (Stress, Konflikte, Multitasking), mangelnde Sicherheit (Übergriff, Raub, Infektionsrisiken). Es sind die Begebenheiten vor Ort, die Arbeitsabläufe und die psychischen wie physischen Anforderungen des Empfangspersonals zu berücksichtigen. Eine sorgfältige GBU inklusive passender Schutzmaßnahmen (ergonomische Ausstattung, Schulungen, klare Organisation) erhöht nicht nur die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, sondern unterstreicht auch die Professionalität und Gastfreundlichkeit des Unternehmens.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
§ 5 ArbSchG sieht eine Gefährdungsbeurteilung für alle Tätigkeiten und Arbeitsbereiche vor – somit auch für Empfangs- und Rezeptionstätigkeiten.
Dabei sind sowohl physische als auch psychische Belastungen zu berücksichtigen
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
§ 3 ArbStättV (Gefährdungsbeurteilung) schreibt vor, dass jeder Arbeitsplatz anhand der relevanten Gefahrenquellen bewertet wird.
Der Empfangsbereich zählt zur Arbeitsstätte, wenn hier Beschäftigte regelmäßig oder zeitweise arbeiten. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) definieren Anforderungen an Fluchtwege, Beleuchtung, Raumklima, etc.
DGUV Vorschriften und Regeln
DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ verpflichtet Arbeitgeber, auch in scheinbar „bürotypischen“ Arbeitsbereichen wie dem Empfang systematisch Gefahren zu identifizieren und zu minimieren.
Je nach Branche können ergänzende Regeln (z. B. Umgang mit Bargeld, Umgang mit Publikum, Infektionsschutz) relevant sein.
Physische Gefährdungen
Ergonomie: Häufiges Sitzen oder Stehen, ungünstige Arbeitsplatzhöhe, dauerhafter Blick auf Bildschirm oder Telefon, potenziell unzureichende Bewegungsfreiheit.
Lärm: Telefonklingeln, Gespräche mehrerer Besucher, laute Lobby.
Stolper- und Rutschgefahren durch Teppiche, Kabel, Gepäck von Besuchern etc.
Brand- und Fluchtwege: Empfang liegt oft im Eingangsbereich, sodass Fluchtwege für zahlreiche Personen (Beschäftigte, Gäste) relevant sind.
Psychische Belastungen
Kundenkontakt / Besucherverkehr: Konflikt- und Stresspotenzial, z. B. bei Beschwerden, zeitkritischen Anfragen, unklaren Anweisungen.
Monotone oder unterbrochene Tätigkeiten: Dauernutzung von Telefon, PC, E-Mails, oft gleichzeitig; ständige Unterbrechungen („Interrupt-Arbeit“).
Hohe Ansprüche an Kommunikationsfähigkeit, Belastung in Stoßzeiten.
Organisatorische und sicherheitstechnische Aspekte
Zutrittskontrolle: Empfangspersonal verwaltet Besucher- und Lieferantenlisten; bei Versäumnissen können Unbefugte eindringen.
Umgang mit Bargeld (z. B. in Hotels, Kliniken, Museen): Risiko von Überfällen, Diebstahl oder Falschgeld.
Infektionsschutz: Bei erhöhter Publikumsdichte kann es zu ansteckenden Krankheiten kommen (z. B. in Wartebereichen einer Klinik).
Notfallmanagement: Empfang ist oft die erste Anlaufstelle bei Unfällen oder Katastrophen (Feuer, Bombendrohung, medizinischer Notfall).
Ergonomie und Arbeitsplatzgestaltung
Zu niedrige oder zu hohe Empfangstheke: Rückenschmerzen, Nackenprobleme.
Fehlende oder unzureichend angepasste Sitzgelegenheit (Stuhl, Stehhilfe).
Eingeschränkte Bewegungsfläche (enger Bereich hinter der Theke).
Bildschirmarbeit
Stundenlanges Arbeiten am PC für Terminvergabe, Email-Verkehr, Besucherlisten.
Blendung oder Reflexionen auf dem Monitor, ungeeignete Bildschirmposition.
Hygiene und Infektionsrisiken
Hohe Frequenz an Besuchern: Übertragung von Krankheiten (z. B. saisonale Grippe) über Tröpfcheninfektion.
Gemeinsame Nutzung von Arbeitsmitteln (Telefon, Touchscreen, Stifte) ohne Desinfektion oder Reinigung.
Belästigung, Übergriffe, Konflikte
Besucher*innen oder Kunden können sich aggressiv verhalten, v. a. bei Unzufriedenheit oder Wartezeiten.
Mangelnde Schulung des Personals im Deeskalations- oder Konfliktmanagement.
Organisatorische Mängel / Stress
Telefon, E-Mail, Chat-Anfragen gleichzeitig → Dauerstress.
Unklare Zuständigkeiten (z. B. Wer empfängt welchen Gast? Wem melde ich Anlieferungen?).
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und Technische Regeln (ASR)
ASR A1.2 „Raumabmessungen und Bewegungsflächen“: Platzbedarf für Mitarbeiter am Empfang.
ASR A3.4 „Beleuchtung“: Anforderungen an natürliche und künstliche Beleuchtung.
ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“: Fluchtwegkennzeichnung, Warnhinweise.
ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“: Speziell wichtig im Eingangsbereich.
DGUV Regel 115-401 „Branche Bürobetriebe“
Enthält auch Hinweise, die sich auf Empfangsbereiche übertragen lassen (Bildschirmarbeit, Ergonomie).
DIN EN ISO 9241 (Ergonomie der Mensch-System-Interaktion)
Standards für Bildschirm- und Büroarbeitsplätze (z. B. Monitorposition, Blickwinkel, Beleuchtung).
Ermittlung der Rahmenbedingungen
Größe des Empfangsbereichs, Anzahl der Beschäftigten, Besucheraufkommen, Ausstattung (Tisch, Stühle, Technik, ggf. Kassenbereich).
Beleuchtungssituation, Klimatisierung, Akustik, Brandschutzkonzept.
Identifikation und Bewertung von Gefährdungen
Physische Risiken: Ergonomie, Lärm, Stolperfallen, Brandwege.
Psychische Risiken: Stress, Konflikte, Zeitdruck, Monotonie.
Sicherheitsaspekte: Übergriffe, Bargeld, Zutrittskontrolle.
Infektionsschutz: Hygienemaßnahmen, Besucherandrang.
Ableitung von Schutzmaßnahmen
Technisch: Höhenverstellbare Theke oder Pulte, angemessene Beleuchtung (blendfrei), Schallschutz (wenn möglich), sichere Kabelverlegung, ggf. Trennscheiben (Schutz vor Infektionen oder Übergriffen).
Organisatorisch: Klare Arbeits- und Pausenzeiten, Vertretungsregelungen, Notfallpläne (z. B. Deeskalationsleitfaden), geregelte Besucherregistrierung.
Personell: Unterweisungen in Ergonomie, Konflikttraining, Sicherheitsunterweisungen (z. B. was tun bei Raubdrohung?), Erste-Hilfe-Kenntnisse, regelmäßige Feedbackgespräche.
Empfang ist oft mehrfacher Dreh- und Angelpunkt
Schnittstelle zu Sicherheitsdienst, Besuchermanagement, Postverteilung, Telefonzentrale. Gute Prozessabstimmung (Wer macht was wann?) ist essenziell.
Durchdachte Softwarelösungen für Besucheranmeldung (Check-In/Out), um Hektik zu vermeiden.
Design vs. Sicherheit
Eine repräsentative Empfangsgestaltung darf Sicherheits- und Ergonomieaspekte nicht vernachlässigen. Schon in der Planungsphase sollten Fachkraft für Arbeitssicherheit und ggf. Brandschutzbeauftragte einbezogen werden.
Gestaltung des Wartebereichs
Sitzmöglichkeiten für Besucher, ausreichende Wegeführung, kindgerechte / barrierefreie Gestaltung (Stichwort Barrierefreiheit).
Infektionsschutz: Ggf. Desinfektionsspender, separater Wartebereich bei Infektionsrisiken (z. B. in Gesundheitseinrichtungen).