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Richtlinie zu Versicherung & Haftung bei Empfangs-/Pförtnerdienst-Ausschreibungen

Richtlinie zu Versicherung & Haftung bei Empfangs-/Pförtnerdienst-Ausschreibungen

Risikominimierung, finanzielle Absicherung und rechtliche Compliance durch geprüfte Versicherungsstandards

Einleitung — Rolle von Versicherung & Haftung in Ausschreibungen

Empfangsbereiche und Zugangskontrollen in Einrichtungen sind vielfältigen Risiken ausgesetzt, darunter Unfälle mit Besuchern, Sachbeschädigungen, der Verlust von Lieferungen/Paketen und sogar Datenschutzvorfälle im Umgang mit Besucherdaten. Eine angemessene Versicherung stellt sicher, dass beide Parteien – Auftraggeber und Dienstleister – gegen unvorhergesehene Haftungsfälle und finanzielle Schäden aus solchen Zwischenfällen geschützt sind. In deutschen Facility-Management-Verträgen wird der Auftragnehmer (und ggf. seine Unterauftragnehmer) in der Regel vollumfänglich haftbar gemacht für jeden Verlust oder Schaden, der während der Vertragserfüllung verursacht wird. Folglich ist eine belastbare Versicherung unabdingbar, damit der Auftragnehmer diese Risiken tatsächlich tragen und entstandene Schäden im Ernstfall ersetzen kann. Diese Richtlinie legt Standardanforderungen an den Versicherungsschutz sowie Verfahren zu dessen Nachweis fest, um einen transparenten und durchsetzbaren Rahmen für das Risikomanagement im Empfangs- und Pfortendienst zu schaffen. Beide Seiten profitieren davon: Der Auftraggeber gewinnt die Gewissheit, dass übertragene Risiken finanziell abgedeckt sind, und der Dienstleister demonstriert die Einhaltung deutscher Rechtsnormen und Sorgfaltspflichten bei der Risikominimierung. Letztlich gewährleistet die Integration klarer Vorgaben zu Versicherung und Haftung in Ausschreibung und Vertrag, dass Betriebsvorfälle nicht zu untragbaren Verlusten für keine der Parteien führen.

Anforderungen an die Haftpflichtversicherung

Zweck: Definition des Umfangs und der minimalen Deckungssummen der Haftpflichtversicherung, die Bieter vorhalten müssen, um sich gegen Betriebsrisiken im Empfangs- und Eingangsservice abzusichern. Dies umfasst die allgemeine Betriebshaftpflicht ebenso wie spezifische Klauseln für die besonderen Risiken des Empfangs-/Pförtnerdienstes. Das Ziel ist sicherzustellen, dass, falls Dritte geschädigt werden oder Sachschäden im Rahmen des Dienstes auftreten, die Versicherung des Auftragnehmers die Kosten übernimmt und nicht der Auftraggeber selbst dem Risiko ausgesetzt bleibt.

Allgemeine Betriebshaftpflichtversicherung

  • Mindestdeckungssumme: Bieter müssen über eine aktive Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von z. B. 5 Mio. € je Schadensfall (Personen- und Sachschäden pauschal) verfügen. In sicherheitssensiblen oder hoch frequentierten Objekten kann eine höhere Deckung (etwa 10 Mio. € oder mehr) verlangt werden, um dem erhöhten Risikoprofil Rechnung zu tragen.

  • Abgedeckter Umfang: Die Haftpflichtversicherung muss alle Personenschäden, Sachschäden und daraus resultierenden Vermögensschäden abdecken, die im Zusammenhang mit den Empfangs- und Eingangskontrolldiensten auftreten. Konkret bedeutet dies: Falls Empfangspersonal durch ein Versehen einen Besucher verletzt, Eigentum des Auftraggebers beschädigt oder einen rein finanziellen Schaden verursacht, sollen diese Ansprüche von der Versicherung des Dienstleisters gedeckt sein. Die Police darf keine Ausschlüsse enthalten, die den typischen Gefahren im Empfangsdienst zuwiderlaufen (z. B. darf sie nicht sogenannte „Tätigkeitsschäden“ vom vollen Versicherungsschutz ausnehmen oder nur mit sehr niedrigen Sublimits absichern). Der Auftraggeber erwartet, dass Schäden, die bei der Ausübung der Tätigkeit entstehen, bis zur vollen Deckungssumme mitversichert sind und nicht etwa auf einen kleinen Betrag begrenzt sind.

  • Einbeziehung von Nachunternehmern: Sofern Unterauftragnehmer eingesetzt werden, sollte der Haftpflichtversicherungsschutz ausdrücklich auch deren Tätigkeiten umfassen, oder der Hauptauftragnehmer muss sicherstellen, dass Nachunternehmer ihrerseits gleichwertigen Versicherungsschutz besitzen. Vertraglich bleibt der Hauptauftragnehmer nämlich für das Handeln der Nachunternehmer haftbar, als wäre es sein eigenes – der Auftragnehmer kann sich gegenüber dem Auftraggeber nicht durch Outsourcing von der Haftung befreien. Daher schreibt die Richtlinie vor, dass entweder die Police des Hauptauftragnehmers den Versicherungsschutz für Nachunternehmer einschließt oder für jeden Nachunternehmer ein separater Nachweis einer entsprechenden Versicherung vorzulegen ist. Im Vertrag sind klare Vorgaben festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Nachunternehmer beauftragt werden dürfen und welche Versicherungsauflagen dabei für die Nachunternehmer gelten, um Deckungslücken zu vermeiden.

Spezifische Deckung für Empfangs-/Eingangsdienste

  • Besucherverkehr und Haftung auf dem Betriebsgelände: Die Versicherung muss Unfälle oder Verletzungen von Besuchern, Auftragnehmern oder sonstigen Dritten im Empfangs- bzw. Eingangsbereich abdecken. Das Empfangspersonal ist häufig erster Ansprechpartner für Besucher; Vorfälle wie Ausrutschen, Stolpern oder Stürze in der Lobby oder am Eingang fallen unter die Betriebshaftpflicht und müssen entsprechend versichert sein. Dadurch ist sichergestellt, dass wenn ein Besucher zu Schaden kommt oder sein Eigentum beschädigt wird, während er vom Empfangsdienst betreut wird, etwaige Ansprüche durch die Versicherung des Dienstleisters befriedigt werden.

  • Umgang mit Lieferungen und Wertgegenständen: Der Versicherungsschutz sollte sich auf den Verlust oder die Beschädigung von Gütern, Paketen oder vertraulichen Dokumenten erstrecken, die am Einlass entgegengenommen oder verwaltet werden. Nimmt z. B. das Empfangspersonal ein Paket für den Auftraggeber an oder verwahrt persönliche Gegenstände von Besuchern, so muss die Police Diebstahl, Verlegen oder Beschädigung dieser Gegenstände abdecken. Ebenso sollten Schäden am Eigentum des Auftraggebers, die während der Besucherabfertigung oder Paketannahme entstehen, mitversichert sein. Damit werden Vermögenswerte und Lieferungen des Auftraggebers vor Fahrlässigkeit oder Missgeschicken im Empfangsprozess geschützt.

  • Zutrittskontrolle und Sicherheitsvorfälle: Empfangs- und Pförtnerdienste beinhalten oft sicherheitsrelevante Aufgaben (Überprüfung von Ausweisen, Zutrittsgewährung, Videoüberwachung). Die Haftpflichtversicherung sollte daher Vorfälle abdecken, die aus Sicherheitslücken am Einlass resultieren – etwa wenn eine Nachlässigkeit bei der Zugangskontrolle zu unbefugtem Zutritt und in der Folge zu Schaden oder Verlust führt. Zwar gibt es dafür keine separate „Sicherheits-Haftpflicht“, doch die allgemeine Haftpflichtpolice des Dienstleisters muss so umfassend sein, dass sie auch solche betrieblichen Risiken in einem hochgesicherten Umfeld einschließt.

  • Datenschutz und Cyber-Haftung: In besonders geschützten oder reglementierten Bereichen hantiert der Empfang ggf. mit sensiblen persönlichen Daten (Besucheranmeldungen, Kopien von Ausweisdokumenten usw.). Obwohl eine Cyber-Versicherung ein eigenständiger Vertrag ist, wird empfohlen, dass Bieter entweder über einschlägige Erweiterungen in ihrer Haftpflichtpolice (z. B. Haftpflicht für Datenschutzverletzungen) verfügen oder eine separate Cyber-Versicherung vorweisen. Diese würde Ansprüche abdecken, die aus Datenlecks oder Datenschutzverstößen im Rahmen des Empfangsdienstes entstehen. Unternehmen, die mit sensiblen Daten arbeiten, wird der Abschluss einer Cyber-Versicherung inzwischen als sinnvoller Schutz nahegelegt. Ein solcher zusätzlicher Versicherungsschutz (oder eine eigenständige Cyber-Police) für Fälle wie das Ausplaudern vertraulicher Besucherinformationen oder Verstöße gegen die DSGVO ist ein wertvoller Baustein. (Im Abschnitt Bewertungskriterien weiter unten wird erwähnt, dass das Vorhandensein einer derartigen erweiterten Deckung sich positiv auf die Angebotsbewertung auswirken kann.)

Unfallversicherung für Arbeitnehmer (Worker’s Compensation)

Zweck: Sicherstellung der gesetzlichen Vorgaben und des Schutzes des Personals. Der Empfangsdienstleister muss nachweisen, dass sein eingesetztes Personal über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert ist, um bei Arbeits- oder Wegeunfällen Leistungen zu erhalten. In Deutschland sind Arbeitgeber verpflichtet, ihre Mitarbeiter über die Berufsgenossenschaften gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zu versichern (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, DGUV). Die Einhaltung dieser Pflicht wird durch die Richtlinie eingefordert, damit sowohl die Mitarbeiter geschützt sind als auch der Auftraggeber im Falle von Unfällen nicht in Haftungsfragen hineingezogen wird.

Wesentliche Anforderungen:

  • DGUV-konformer Versicherungsschutz: Bieter müssen eine Unfallversicherung für alle eingesetzten Empfangsmitarbeiter nach Maßgabe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) nachweisen. Dies bedeutet in der Praxis die Pflichtmitgliedschaft bei der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) für den Facility- bzw. Sicherheitsbereich, über die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Mitarbeiter abgedeckt sind. In Deutschland finanziert sich die gesetzliche Unfallversicherung über die Beiträge der Unternehmen; Arbeitnehmer sind automatisch und beitragsfrei versichert. Dieser Versicherungsschutz ist gesetzlich verpflichtend und stellt im Schadensfall die medizinische Versorgung, Reha und Entschädigungsleistungen für verunfallte Beschäftigte sicher, während er gleichzeitig den Arbeitgeber von direkter Haftung entlastet (Ansprüche der Beschäftigten gegen den Arbeitgeber sind im Versicherungsfall grundsätzlich ausgeschlossen, sofern keine grobe Vorsätzlichkeit vorliegt). Der Bieter sollte durch eine Mitgliedsbescheinigung der Berufsgenossenschaft oder einen aktuellen Beitragsnachweis belegen, dass alle Mitarbeiter im Falle eines Unfalls versichert sind.

  • Nachweis für eingesetztes Personal: In den Ausschreibungsunterlagen ist zu fordern, dass der Bieter eine Bestätigung eines aktiven Unfallversicherungsschutzes für sämtliche im Empfangsbereich eingesetzten Mitarbeiter vorlegt. Dies kann z. B. eine offizielle Bescheinigung der BG über den Versicherungsstatus sein. Wichtig ist, dass wirklich alle Personen erfasst sind – inklusive etwaiger Aushilfen, Leiharbeitnehmer oder Subunternehmer-Mitarbeiter, sofern solche im Empfangsdienst eingesetzt werden. Der Bieter muss im Zweifel erklären, dass für jede eingestellte oder beauftragte Arbeitskraft im Empfangsdienst eine Unfallversicherungsdeckung besteht. Dieser Nachweis ist zum Angebot einzureichen und kann in Form einer Eigenerklärung mit Stempel der BG oder ähnlichem erfolgen.

  • Wegeunfälle mit abgedeckt: Der vorgeschriebene Unfallversicherungsschutz umfasst auch Unfälle auf dem Arbeitsweg (Wegeunfälle). Die gesetzliche UV greift nämlich nicht nur bei Unfällen am Arbeitsplatz selbst, sondern ebenfalls auf dem direkten Weg zur Arbeit und zurück nach Hause. Dies sollte im Leitfaden ausdrücklich erwähnt werden, um dem Dienstleister wie dem Auftraggeber klarzumachen, dass auch Unfälle, die z. B. einem Empfangsmitarbeiter auf dem Weg zum Objekt passieren, vom Versicherungsschutz erfasst sind (sofern der Arbeitnehmer keine privat motivierten Umwege macht). Ein klassisches Beispiel: Verunglückt eine Empfangskraft auf dem Weg zur Arbeit (etwa in einem Verkehrsunfall), gilt dies als versicherter Arbeitsweg und die Berufsgenossenschaft tritt für Schäden ein. Der Bieter bestätigt idealerweise, dass sein Unfallversicherungsschutz solche Wegeunfälle mit einschließt – was bei der gesetzlichen UV automatisch der Fall ist.

Durch die konsequente Forderung nach bestehendem Unfallversicherungsschutz wird nicht nur der gesetzlichen Verpflichtung Genüge getan, sondern auch verhindert, dass der Auftraggeber in Mitverantwortung genommen wird, falls ein Mitarbeiter des Dienstleisters zu Schaden kommt. Etwaige Arbeitsunfälle werden von der Versicherung (BG) reguliert, die verletzten Mitarbeiter erhalten Leistungen, und der Auftraggeber läuft nicht Gefahr, von Regressansprüchen oder Ausfällen unversicherter Kräfte betroffen zu sein.

Versicherungsnachweis und jährliche Erneuerung

Zweck: Etablierung von Verfahren zur Verifizierung und Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes, um sicherzustellen, dass die geforderten Policen sowohl zum Vergabezeitpunkt als auch während der gesamten Vertragslaufzeit gültig sind. Der Auftragnehmer wird verpflichtet, bereits im Angebot Versicherungsnachweise vorzulegen und vertraglich sicherzustellen, dass er den Schutz kontinuierlich aufrechterhält. Dadurch wird das Risiko minimiert, dass der Versicherungsschutz unbemerkt erlischt und der Auftraggeber ungeschützt dasteht.

Vorgaben im Einzelnen:

  • Einreichung mit dem Angebot: Jeder Bieter muss zusammen mit seinem Angebot beglaubigte Kopien bzw. Bescheinigungen aller relevanten Versicherungen einreichen. Insbesondere sind dies die Betriebshaftpflicht-Police (bzw. eine Deckungsbestätigung des Versicherers mit Angabe der Deckungssummen) und der Nachweis der gesetzlichen Unfallversicherung für die Mitarbeiter. Viele Ausschreibungen fordern ausdrücklich, dass eine Versicherungsbestätigung des Anbieters den Angebotsunterlagen beizulegen ist. Dies dient als Beleg der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit (der Bieter zeigt damit, dass er im Schadensfall zahlungsfähig bzw. versichert ist). Das Fehlen dieser Unterlagen führt in der Regel zum Ausschluss des Angebots wegen Nichterfüllung der Teilnahmebedingungen. Die eingereichten Versicherungsdokumente sollten alle wesentlichen Details enthalten (Versicherungssummen, Geltungsbereich, Gültigkeitsdauer), damit die Vergabestelle sie anhand der Mindestanforderungen überprüfen kann.

  • Bestätigung durch den Versicherer: Neben den Policenkopien ist eine schriftliche Bestätigung der Versicherungsgesellschaft oder eine vom Bieter unterzeichnete Erklärung einzuholen, dass der Versicherungsschutz aktuell in Kraft ist. Es kann vorkommen, dass Bieter alte Policenkopien vorlegen; daher erhöht eine aktuelle Bescheinigung (idealerweise datiert und vom Versicherer ausgestellt) die Verlässlichkeit des Nachweises. Einige Auftraggeber verlangen hierzu eine Eigenerklärung zum Versicherungsschutz – etwa ein Formblatt, auf dem der Bieter Angaben zu seinen Versicherungen macht und deren Bestehen zusichert. So war z. B. in einem EU-Tender der Anhang IV.a ein Vordruck „Eigenerklärung zur Haftpflichtversicherung“,Eine derartige Standarderklärung strukturiert die Angaben und erleichtert der Vergabestelle die Prüfung. Entscheidend ist, dass aus den Unterlagen hervorgeht: die geforderte Versicherung besteht tatsächlich und deckt die angegebenen Risiken und Summen ab.

  • Jährliche Vorlage erneuerter Policen: Bei mehrjährigen Vertragsleistungen muss der Auftragnehmer jährlich einen aktualisierten Versicherungsnachweis vorlegen. Konkret bedeutet das: Jedes Jahr, rechtzeitig vor Ablauf der Versicherung, hat der Auftragnehmer unaufgefordert Kopien der Verlängerungsdokumente (die neuen Versicherungsscheine oder Verlängerungszertifikate) beim Auftraggeber einzureichen. Diese Verpflichtung sollte im Vertrag ausdrücklich festgehalten werden. Sie stellt sicher, dass der Auftraggeber nicht nur zu Beginn des Vertrags, sondern fortlaufend während der gesamten Laufzeit informiert bleibt und prüfen kann, ob der Versicherungsschutz lückenlos fortbesteht.

  • Meldepflicht bei Änderungen: Der Auftragnehmer ist vertraglich zu einer unverzüglichen Benachrichtigung des Auftraggebers verpflichtet, falls sich der Versicherungsschutz ändert, reduziert oder endet. Sollte also z. B. der Versicherer dem Auftragnehmer kündigen oder die Deckungssumme herabsetzen, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber sofort darüber informieren. So kann der Auftraggeber reagieren (z. B. temporäre Stilllegung der Leistung, bis gleichwertiger Schutz wieder besteht, siehe Laufende Überwachung unten). Im Idealfall wird bereits im Angebot eine Erklärung abgegeben, dass der Bieter den geforderten Versicherungsschutz während der gesamten Vertragslaufzeit aufrechterhalten wird. Eine solche Zusage – oft vom Bieter unterschrieben in der Versicherungseigenerklärung – bindet den Auftragnehmer vertraglich, das Niveau des Versicherungsschutzes nicht zu unterschreiten. Tatsächlich findet sich in manchen Angeboten die Formulierung (beispielsweise bei der EU-Agentur EASA): „Hiermit bestätigen wir, dass die aktuellen Versicherungen die genannten Deckungssummen abdecken und wir während der Vertragslaufzeit den obigen Mindestversicherungsschutz aufrechterhalten werden.“

Durch diese Maßnahmen beim Vergabeverfahren wird die Versicherungsauflage nicht nur zur bloßen Formalität, sondern zu einem durchgängigen Bestandteil des Vertragsmanagements. Alle mit dem Angebot eingereichten Versicherungsdokumente sollten vom Auftraggeber dokumentiert (z. B. digital abgelegt) werden. So kann der Auftraggeber jederzeit auf den Nachweis zurückgreifen und behält wichtige Termine (Ablauf der Policen) im Blick. Sollte ein Bieter den geforderten Nachweis nicht erbringen können, ist dies ein Ausschlussgrund – kein Auftrag wird an einen unversicherten Dienstleister vergeben.

Verfahrensvorgaben im Ausschreibungsprozess

Zweck: Sicherstellung einer standardisierten Prüfung der Versicherungsanforderungen während der Beschaffung. Dieser Abschnitt beschreibt, wie die Aspekte Versicherung und Haftung im Vergabeverfahren berücksichtigt und durchgesetzt werden. Durch die Definition klarer Verfahrensschritte wird gewährleistet, dass jeder Bieter nach denselben Kriterien geprüft wird und dass kein Auftrag erteilt wird, ohne dass der Versicherungsschutz des Auftragnehmers bestätigt ist.

Wichtige Schritte:

  • Prüfung vor Zuschlag: In der Angebotswertung muss die Vergabestelle kontrollieren, ob jeder Bieter die geforderten Versicherungsnachweise vorgelegt hat und ob diese den Mindestanforderungen genügen. Dies gehört typischerweise zur Eignungsprüfung (wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters). Das Bewertungsteam vergleicht z. B., ob auf der Haftpflicht-Bescheinigung die geforderte Deckungssumme (etwa 5 Mio. €) ausgewiesen ist und ob ein gültiger BG-Nachweis beiliegt. Fehlt ein Dokument oder scheint der Versicherungsschutz unzureichend, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, solange dies nicht geklärt ist. In vielen Fällen führt ein fehlender Versicherungsnachweis unmittelbar zum Ausschluss des Angebots, da eine Ausschreibungsbedingung nicht erfüllt wurde. Nach früher strikter Vergabepraxis galt: Fehlte ein verlangter Nachweis, musste das Angebot ausgeschlossen werden. Auch wenn das heutige Vergaberecht unter Umständen eine Nachforderung zulässt, sollte man dies bei solch einem zentralen Punkt möglichst vermeiden – die Anforderung ist klar und für jeden Bieter problemlos zu erfüllen. Daher betont die Richtlinie: Ein Angebot ohne gültigen Versicherungsnachweis für die geforderten Deckungen ist vom Vergabeverfahren auszuschließen.

  • Dokumentation und Ablage: Alle im Zuge der Ausschreibung eingereichten Versicherungsunterlagen sind vom Auftraggeber zu dokumentieren und aufzubewahren (z. B. in der Vergabeakte oder Vertragsakte). Dies dient zum einen der Rechenschaft (Nachweis, dass die Prüfung erfolgt ist) und zum anderen der praktischen Verwaltung (die Daten können für die spätere Überwachung genutzt werden). Es empfiehlt sich, eine Übersichtstabelle anzulegen, die pro Bieter die Versicherungssummen, Policen-Nummern, Gültigkeitsdaten etc. listet. Insbesondere der letztlich beauftragte Dienstleister sollte vollständig erfasst sein. Diese Informationen können in das Vertragsmanagementsystem übernommen werden, um Fristen (Ablauf der Versicherung) zu überwachen.

  • Standardisiertes Prüfformular: Für die Auswertung der Angebote bietet es sich an, ein standardisiertes Formular oder eine Checkliste zu verwenden, welche die Versicherungsanforderungen auflistet. Darin können die Mindestdeckungssummen und geforderten Versicherungsarten aufgeführt sein, und die Prüfer tragen für jeden Bieter ein „erfüllt/nicht erfüllt“ ein. Ebenso könnte im Angebot selbst ein vom Bieter auszufüllendes Formblatt enthalten sein, in dem er die vorhandenen Versicherungen mit Deckungssummen angibt. Ein Beispiel aus der Praxis: In einer Ausschreibung wurde den Bietern ein Vordruck gegeben, in dem u. a. anzugeben war: „Betriebshaftpflichtversicherung – Mindestdeckungssumme X Euro pauschal für Personen- und Sachschäden – vorhanden? ja/nein (bitte Beleg beifügen)“. Eine solche strukturierte Vorgehensweise stellt sicher, dass kein Aspekt übersehen wird und alle Angebote vergleichbar geprüft werden.

Durch diese Verankerung im Verfahren wird die Versicherungs-Compliance von Anfang an wie ein Ausschluss- und Wertungskriterium behandelt. Das verhindert, dass ein Auftrag an einen nicht ausreichend versicherten Dienstleister geht. Zudem signalisiert es den Bietern, dass der Auftraggeber großen Wert auf professionelles Risikomanagement legt – was seriöse, gut versicherte Firmen begünstigt und weniger gut abgesicherte Unternehmen möglicherweise bereits von einer Teilnahme abhält.

Bewertungskriterien

Zweck: Berücksichtigung der Versicherungs- und Haftungs-Compliance im Wertungsschema der Ausschreibung. Es soll sichergestellt werden, dass Bieter, die die Anforderungen erfüllen oder übertreffen, im Rahmen der Angebotsbewertung entsprechend positiv bewertet werden, während Bieter ohne ausreichenden Versicherungsschutz ausgeschlossen werden

Die Richtlinie empfiehlt folgendes Vorgehen:

  • Muss-Kriterium (Ausschlusskriterium): Die Erfüllung der Mindest-Versicherungsanforderungen ist ein zwingendes Kriterium. Das heißt, jeder Bieter, der keinen gültigen Nachweis der geforderten Versicherungen vorlegt oder dessen Deckung unter den Mindestwerten liegt, scheidet aus dem Verfahren aus („Nichteignung“ bzw. „Ausschluss wegen Nichterfüllung der Teilnahmebedingungen“). Dieser Grundsatz sollte in den Vergabeunterlagen klar kommuniziert werden. Die Vergabestelle macht idealerweise unmissverständlich deutlich: „Das Nichtvorliegen der geforderten Versicherungsnachweise führt zum Ausschluss des Angebots.“ Dadurch wird die Bedeutung unterstrichen und es bleibt kein Ermessensspielraum – kein Auftraggeber möchte mit einem unversicherten Anbieter kontrahieren, egal wie attraktiv dessen Preis oder Konzept sein mag.

  • Zusätzliche Punkte für erweiterten Versicherungsschutz: Bieter, die über den geforderten Basisschutz hinausgehen, können im Rahmen der qualitativen Wertung Zusatzpunkte erhalten. Beispielsweise könnte im Bewertungsschema festgelegt werden, dass ein umfassenderer Versicherungsschutz (überobligatorisch) als Mehrwert gewertet wird. Szenarien: Ein Bieter bietet eine Haftpflichtdeckung von 10 Mio. € anstatt der geforderten 5 Mio. € – dies könnte z. B. mit einer kleinen Zusatzpunktzahl honoriert werden, da es dem Auftraggeber einen höheren Schutz bietet. Oder ein Bieter hat zusätzliche Policen abgeschlossen (z. B. eine Cyber-Haftpflichtversicherung für Datenschutzverletzungen oder eine Vertrauensschadenversicherung gegen Diebstahl durch eigene Mitarbeiter), was über den Standard hinausgeht – auch dies könnte positiv einfließen. Wichtig ist, dass solche Wertungskriterien vorab bekanntgemacht und objektiv nachvollziehbar sind. Sie dürfen die Kernanforderung nicht aushebeln (kein Bieter darf trotz ungenügendem Grundschutz durch Bonuspunkte für Extras gewinnen), aber sie können bei ansonsten gleichwertigen Angeboten den Ausschlag geben.

  • Transparenz und Verhältnismäßigkeit: Die Vergabestelle muss darauf achten, dass die Gewichtung des Versicherungskriteriums im Verhältnis zur Gesamtbewertung angemessen bleibt. Es handelt sich meist um ein K.o.-Kriterium (Versicherung vorhanden ja/nein) und ggf. ein kleines Bonus-Kriterium. Preis und Leistung sollten weiterhin maßgeblich bleiben. Die zusätzlichen Punkte für freiwillig bessere Versicherungen sollten so bemessen sein, dass ein echter Mehrwert belohnt wird, aber kein Bieter gezwungen ist, exorbitant hohe Deckungen vorzuhalten, die in keinem Verhältnis zum Auftrag stehen. Letztlich soll die Versicherungstreue der Bieter gefördert werden, ohne den Wettbewerb unangemessen einzuschränken.

  • Kein Abzug bei Mindest-Erfüllung: Ein Bieter, der „nur“ genau die geforderten Mindestdeckungen erfüllt, darf dadurch keine Abwertung erfahren – er erfüllt ja voll die Anforderungen. Bonuspunkte sind ausschließlich für Mehrleistungen gedacht, nicht dafür, ein Soll zu erreichen. Jeder qualifizierte Bieter hat die Pflichtversicherung als selbstverständliches Muss (dies spiegelt auch der Markt wider, wo eine Betriebshaftpflicht quasi zum Standard gehört). Die Bewertung dient nur dazu, übererfüllten Schutz positiv zu vermerken.

Durch dieses Vorgehen fließen Versicherungsaspekte angemessen in die Zuschlagsentscheidung ein. Erst wird ausgesiebt, wer die Grundbedingungen nicht erfüllt (Sicherheit für den Auftraggeber), und dann werden eventuelle zusätzliche Absicherungen honoriert (Anreiz für umfassenden Schutz). So entsteht ein Klima, in dem Bieter von sich aus geneigt sind, eher höhere Deckungssummen oder zusätzliche Versicherungen anzubieten – was dem Auftraggeber zugutekommt, ohne dass er es zwingend vorschreiben muss. Insbesondere der Bereich Cyber-Versicherung bei Umgang mit sensiblen Besucherdaten kann ein Differenzierungsmerkmal sein: Angesichts der Tatsache, dass dieser Schutz für datenintensive Unternehmen als sinnvoll erachtet wird, könnte ein Auftraggeber einen Bieter, der proaktiv eine Cyber-Deckung für mögliche Datenschutzverstöße einschließt, einen Vorteil in der Bewertung geben.

Laufende Überwachung der Compliance

Zweck: Sicherstellung, dass der vorgeschriebene Versicherungsschutz auch während der gesamten Vertragsdurchführung gültig und ausreichend bleibt. Die Arbeit des Auftraggebers endet nicht mit der Vertragsunterschrift – er muss kontinuierlich darauf achten, dass der Dienstleister seine Versicherungspflichten erfüllt.

Dieser Abschnitt beschreibt Maßnahmen zur Überwachung und Schritte bei Verstößen:

  • Geplante Compliance-Prüfungen: Der Auftraggeber sollte regelmäßige Überprüfungen des Versicherungsschutzes durchführen. Mindestens einmal jährlich – etwa zeitgleich mit der Vertragserfüllungskontrolle oder quartalsweise – ist zu kontrollieren, ob aktuelle Versicherungsscheine vorliegen und die Deckungssummen noch den Vorgaben entsprechen. Wie im Abschnitt Versicherungsnachweis und Erneuerung beschrieben, muss der Auftragnehmer jährlich erneuerte Policen vorlegen; diese Termine kann der Auftraggeber nutzen, um die Unterlagen zu prüfen. In Hochrisiko-Umgebungen oder längeren Verträgen kann sogar vierteljährlich eine Kurzbestätigung vom Auftragnehmer eingeholt werden (z. B. eine E-Mail, dass keine Änderungen im Versicherungsschutz eingetreten sind). Solche planmäßigen Checks sorgen für anhaltendes Bewusstsein und reduzieren die Wahrscheinlichkeit, dass ein abgelaufener Versicherungsschein übersehen wird.

  • Vertragliches Prüfrecht: Im Dienstleistungsvertrag sollte ein Recht des Auftraggebers verankert sein, jederzeit Nachweise über den Versicherungsschutz verlangen zu dürfen. So kann der Auftraggeber beispielsweise ad hoc Einsicht in die Versicherungspolice oder eine aktuelle Versicherungsbestätigung verlangen, wenn es Anlass zur Sorge gibt. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, diesem Verlangen kurzfristig nachzukommen. Dieses Prüfrecht ermöglicht es dem Auftraggeber auch außerhalb der fixen Intervalle (jährlich/quartalsweise) zu reagieren – etwa wenn Gerüchte aufkommen, ein Versicherer habe den Geschäftsbetrieb eingestellt, oder wenn sich der Auftragsumfang ändert und man sicherstellen will, dass die Police noch passt.

  • Sanktionierung von Versicherungslücken: Stellt der Auftraggeber fest, dass der Dienstleister zeitweilig keinen oder einen unzureichenden Versicherungsschutz hat (z. B. Police gekündigt, Beitrag nicht bezahlt, Deckungssumme verringert unter Minimum), muss er unverzüglich handeln. Die Richtlinie sieht vor, dass in einem solchen Fall der Auftraggeber berechtigt ist, die Leistung sofort auszusetzen. Konkret kann das bedeuten, dass der Dienstleister vorübergehend keinen Zugang zum Objekt erhält bzw. der Empfangsdienst pausiert wird, bis der Versicherungsschutz wiederhergestellt ist. Diese Maßnahme schützt den Auftraggeber davor, in einer unversicherten Phase Risiken einzugehen. Aus Auftragnehmersicht ist dies eine erhebliche Motivation, dafür zu sorgen, dass der Versicherungsschutz nie abreißt – andernfalls drohen Verdienstausfall und Vertragsstörungen.

  • Abmahnung und Kündigung bei Verstößen: Der Vertrag sollte festlegen, dass ein Verstoß gegen die Versicherungspflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Bei erstmaligen oder geringfügigen Verstößen mag eine Abmahnung mit Fristsetzung angemessen sein – der Auftragnehmer müsste dann umgehend Ersatz oder Nachbesserung des Versicherungsschutzes nachweisen. Bei wiederholten oder vorsätzlichen Verstößen (z. B. der Auftragnehmer lässt wiederholt Policen auslaufen oder legt falsche Bescheinigungen vor) sollte der Auftraggeber das Recht haben, den Vertrag fristlos zu kündigen. Die entsprechenden Klauseln (inklusive einer Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund) sind im Vertrag aufzunehmen. Sie signalisieren dem Dienstleister die Ernsthaftigkeit des Themas. Kein Auftraggeber kann es sich leisten, langfristig mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der den vereinbarten Versicherungsschutz nicht aufrechterhält – das wäre ein untragbares Risiko. Daher dient die Androhung der Vertragsbeendigung als ultima ratio der Absicherung.

  • Kommunikation und Proaktivität: Teil der laufenden Überwachung ist auch eine offene Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer über Versicherungsbelange. Beide Seiten sollten ein Interesse daran haben, dass der Versicherungsschutz aktuell und angemessen bleibt. So kann der Auftragnehmer den Auftraggeber frühzeitig informieren, wenn z. B. ein Wechsel der Versicherung ansteht oder neue Risiken auftauchen, für die eventuell eine Anpassung der Police nötig ist. Umgekehrt kann der Auftraggeber bei Änderungen im Leistungsumfang (z. B. Übernahme zusätzlicher Aufgaben durch den Empfangsdienst) auf eine Erhöhung der Deckungssumme drängen. Idealerweise wird im regelmäßigen Vertragsrapport (z. B. jährliches Review-Meeting) das Thema Versicherung als fixer Tagesordnungspunkt aufgenommen.

Durch diese Mechanismen wird gewährleistet, dass der mit Vertragsbeginn bestehende „Risikotransfer“ zugunsten des Auftraggebers dauerhaft real bleibt – und nicht nur auf dem Papier stand. Der Auftraggeber behält die Kontrolle darüber, dass der Dienstleister seiner Versicherungsauflage jederzeit nachkommt, und kann im Bedarfsfall eingreifen. Dies schützt beide Parteien vor den potenziell ruinösen Folgen eines Schadens ohne Versicherungsschutz und untermauert die Grundprinzipien dieser Richtlinie: Risikominimierung, finanzielle Absicherung und Einhaltung gesetzlicher Pflichten durch einen nachgewiesenen, belastbaren Versicherungsschutz im Empfangs- und Pförtnerdienst.