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Leitfaden zum Rechts- und Compliance-Status am Empfang

Leitfaden zum Rechts- und Compliance-Status am Empfang

Empfangs- und Pförtnerdienste sind besonders sensible Frontline-Tätigkeiten: Das Personal an Pforte oder Empfang kontrolliert Zugänge, empfängt Besucher und geht mit unternehmensinternen Informationen um. Auftraggeber – ob öffentliche Vergabestellen oder private Unternehmen – benötigen daher die Gewissheit, dass Bieter, die solche Dienste übernehmen wollen, eine einwandfreie rechtliche und Compliance-Historie vorweisen. Wenn Auftraggeber die Hintergründe eines Bieters nicht wirksam prüfen können, besteht das Risiko, dass Firmen mit schweren Vorbelastungen (z.B. Rechtsverstöße oder Vertragsbrüche) dennoch Aufträge erhalten[1]. Um dies zu verhindern, werden von vornherein strenge Anforderungen an den Rechts- und Compliance-Status der Bieter gestellt.

Juristischer & Compliance-Nachweis

Erklärung des Fehlens signifikanter Vertragsverstöße

Zweck: Ausschluss von Anbietern mit nachweislich schlechter Leistungshistorie oder Vertragsbrüchen. Frühere gravierende Vertragsverstöße eines Bieters gelten als Warnsignal für potenzielle Risiken in der künftigen Zusammenarbeit. Daher verlangt die Ausschreibung von jedem Bieter den Nachweis einer sauberen Leistungshistorie. (Tatsächlich ermöglichen es Vergaberegeln, Bieter auszuschließen, die in früheren Aufträgen „erhebliche oder dauerhafte Mängel“ in der Auftragsausführung gezeigt haben – etwa solche, die zur vorzeitigen Kündigung eines Vertrags oder zu Schadenersatz geführt haben[11].) Indem Bieter bestätigen müssen, dass sie in den letzten Jahren keine gravierenden Vertragsverstöße begangen haben, reduziert der Auftraggeber die Wahrscheinlichkeit, einen notorisch unzuverlässigen oder vertragsbrüchigen Dienstleister zu beauftragen.

Anforderungen:

  • Nachweis einer einwandfreien Vertragserfüllung (letzte 5 Jahre): Der Bieter muss schriftlich erklären, dass in den vergangenen fünf Jahren keine signifikanten Vertragsbrüche durch ihn erfolgt sind. Als „signifikante Vertragsbrüche“ gelten z.B. wiederholte schwere SLA-Verletzungen, die Nichterfüllung von Verträgen, die zur vorzeitigen Kündigung früherer Dienstleistungsverträge geführt hat, oder dokumentiertes Fehlverhalten bei der Leistungserbringung. Diese Erklärung soll sicherstellen, dass der Bieter keine schwere negative Vorgeschichte als Dienstleister hat.

  • Offenlegung etwaiger laufender Verfahren/Untersuchungen: Der Bieter ist verpflichtet, laufende Untersuchungen oder Verfahren offenzulegen, die frühere Auftraggeber oder Behörden aufgrund seiner Leistung eingeleitet haben. Mit anderen Worten: Sollte das Unternehmen derzeit in irgendeiner Weise wegen Vorfällen aus früheren Aufträgen untersucht werden (z.B. strafrechtliche Ermittlungen wegen Betrugs, Zivilklagen eines früheren Kunden wegen Schlechtleistung), muss dies im Angebot transparent angegeben werden. Von Bietern wird erwartet, proaktiv über solche Umstände zu informieren – eine bewusste Verschweigung relevanter Probleme wird sehr negativ gewertet und kann zur nachträglichen Ausschlussentscheidung führen[2].

Bestätigung des Fehlens leistungsrelevanter Rechtsstreitigkeiten

Zweck: Sicherstellung der rechtlichen Stabilität und Zuverlässigkeit des Anbieters. Ein Unternehmen, das in erhebliche Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist, könnte in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein – zum Beispiel durch finanzielle Belastungen, Management-Aufmerksamkeit, die von Prozessen absorbiert wird, oder drohende gerichtliche Verfügungen. Der Auftraggeber benötigt daher vom Bieter die Zusicherung, dass keine laufenden Gerichts- oder Schiedsverfahren existieren, die die ordnungsgemäße Erbringung der Empfangsdienstleistung gefährden könnten.

Anforderungen:

  • Erklärung zu anhängigen Rechtsstreitigkeiten: Jeder Bieter muss erklären, dass keine anhängigen oder laufenden Rechtsstreitigkeiten bestehen, die die Erfüllung des ausgeschriebenen Empfangs-/Pförtnerdienstes negativ beeinflussen könnten. Abgedeckt sind hierbei insbesondere Verfahren vor Zivil-, Arbeits- oder Handelsgerichten, in die der Bieter involviert ist und die seine finanzielle/operative Leistungsfähigkeit für den Auftrag beeinträchtigen würden. Befindet sich ein Bieter etwa in einem größeren Arbeitsgerichtsprozess oder in einem Insolvenzverfahren, darf dies nicht verschwiegen werden. (Üblich ist in Ausschreibungen eine Klausel, wonach der Bieter zusichert, aktuell nicht in Rechtsstreitigkeiten bezüglich vergleichbarer Leistungen zu stehen – bei Verstoß droht der Ausschluss[3].)

  • Mitteilungspflicht bei neuen Verfahren: Sollte während der Vertragslaufzeit ein relevantes rechtliches Verfahren gegen den Auftragnehmer eingeleitet werden, muss dieser den Auftraggeber unverzüglich darüber informieren. Diese Verpflichtung zur laufenden Berichterstattung wird vertraglich festgeschrieben. Dadurch bleibt der Auftraggeber über eventuelle neue Risiken auf dem Laufenden. Beispiel: Wenn der Dienstleister nach Zuschlag in einen ernsthaften Rechtsstreit gerät (etwa eine Klage eines Mitarbeiters oder eine behördliche Sanktion), muss der Auftraggeber sofort benachrichtigt werden, um gemeinsam angemessene Schritte (z.B. zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen oder im Extremfall eine Vertragsaussetzung) einleiten zu können.

Einhaltung von Arbeits-, Sicherheits- und Umweltvorschriften

Zweck: Überprüfung, dass der Bieter alle einschlägigen gesetzlichen Vorgaben in den Bereichen Arbeitsrecht, Arbeitsschutz und Umweltschutz einhält. Bei der Erbringung von Empfangsdienstleistungen gelten – wie in jeder Branche – die deutschen Sozial- und Arbeitsschutzstandards, und der Auftraggeber möchte sicherstellen, dass der zukünftige Dienstleister seinen gesetzlichen Pflichten als Arbeitgeber sowie den betrieblichen Sicherheits- und Umweltstandards vollständig nachkommt. Dies dient der legalen, sicheren und nachhaltigen Leistungserbringung und bewahrt den Auftraggeber davor, einen Anbieter zu beauftragen, der durch Gesetzesverstöße auffällt.

Anforderungen:

  • Einhaltung des deutschen Arbeitsrechts: Der Bieter muss bestätigen, dass er alle relevanten arbeitsrechtlichen Bestimmungen einhält. Dazu gehören u.a. der Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsverträge mit seinen Beschäftigten, die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, die Beachtung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) sowie die Einhaltung von Arbeitszeitgesetzen. Insbesondere die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein Muss – in vielen öffentlichen Ausschreibungen in Deutschland ist es ausdrücklich vorgeschrieben, Angebote von Bietern abzulehnen, die keine Zusicherung zur Zahlung des Mindestlohns abgeben. Verstöße gegen grundlegende Arbeitsgesetze wie das MiLoG oder das Verbot von Schwarzarbeit werden als schwerwiegende Verfehlungen betrachtet und können zum Ausschluss von öffentlichen Aufträgen führen[5]. Der Bieter soll also versichern, keine Gesetzesverstöße im Personalbereich begangen zu haben und für eine faire, gesetzestreue Behandlung seiner Beschäftigten zu sorgen. (Auf Verlangen können Nachweise verlangt werden, z.B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen oder der Berufsgenossenschaft.)

  • Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften: Der Bieter muss die Konformität mit sämtlichen Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften zusichern. Nach dem deutschen Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, für eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu sorgen – u.a. durch regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen und geeignete Schutzmaßnahmen[4]. Für Empfangs- und Sicherheitsdienste bedeutet dies z.B.: Personal muss in Notfall- und Evakuierungsprocedere eingewiesen sein, der Empfangsbereich ist ergonomisch und sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand, und es wird den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) entsprochen. Falls vorhanden, sollen relevante Zertifikate vorgelegt werden – etwa ein Zertifikat nach ISO 45001 (Managementsystem für Arbeitssicherheit) oder Dokumente der DGUV, die eine erfolgreiche Arbeitsschutzüberprüfung belegen.

  • Einhaltung umweltrelevanter Vorschriften: Der Bieter verpflichtet sich, alle für die Leistungserbringung einschlägigen Umweltgesetze und -auflagen zu befolgen. Zwar fallen bei Empfangsdiensten typischerweise keine intensiven Umweltauswirkungen an, jedoch können Punkte wie Abfallentsorgung (Recycling von Besucherplaketten, Verpackungsmaterialien), Energieverbrauch (Beleuchtung, Klimatisierung im Empfangsbereich) oder die Nutzung umweltfreundlicher Materialien (z.B. bei Besucherausweisen) relevant sein. Der Bieter soll bestätigen, dass gegen ihn keine schwerwiegenden Umweltverstöße vorliegen. Sollte der Auftraggeber branchenspezifische Umweltstandards vorgeben (etwa ein grünes Gebäudemanagement), sind diese ebenso einzuhalten. (Im Rahmen der Vergabe können Verstöße gegen Umweltvorschriften ähnlich wie Sozialvorschriften als Ausschlussgrund herangezogen werden[12]; dies unterstreicht, dass umweltrechtliche Compliance Bestandteil der Eignung ist.) Falls verfügbar, kann der Bieter Umweltmanagement-Zertifikate (z.B. ISO 14001) oder behördliche Unbedenklichkeitsnachweise beilegen, um seine Umwelt-Compliance zu untermauern.

Verifizierungs- und Verfahrensvorgaben

Zweck: Vereinheitlichung der Compliance-Prüfung im Vergabeverfahren. Dieser Abschnitt beschreibt, wie die zuvor genannten Anforderungen während der Angebotsphase geprüft und durchgesetzt werden. Durch formale Erklärungen und klar definierte Prüfungsrechte stellt der Auftraggeber sicher, dass die Glaubwürdigkeit der Bieterangaben überprüfbar ist. Gleichzeitig werden Bieter gewarnt, dass falsche Angaben sofortige Konsequenzen nach sich ziehen – was die Integrität des Vergabeverfahrens schützt.

Vorgehen:

  • Vorlage einer Compliance-Erklärung mit dem Angebot: Jeder Bieter muss als Teil seiner Angebotsunterlagen ein ausgefülltes und rechtsverbindlich unterschriebenes Compliance-Erklärungsformular einreichen. In diesem Formular bestätigt der Bieter nochmals ausdrücklich alle Punkte aus den obigen Abschnitten (keine erheblichen Vertragsverstöße, keine relevanten Rechtsstreitigkeiten, Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften etc.). Die Erklärung muss von einer bevollmächtigten Person des Unternehmens datiert und unterzeichnet sein. Sie dient dem Auftraggeber als Eigenbestätigung des Bieters, auf deren Richtigkeit er vertrauen können muss. Durch diese standardisierte Selbstauskunft wird sichergestellt, dass alle Bieter dieselben Offenlegungspflichten erfüllen.

  • Vorbehalt der Überprüfung durch den Auftraggeber: Der Auftraggeber behält sich das Recht vor, die Angaben in den Compliance-Erklärungen eigenständig zu verifizieren. Das bedeutet, der Auftraggeber kann öffentliche Register, Datenbanken oder andere Informationsquellen heranziehen, um die Zuverlässigkeit der Bieter zu prüfen. So kann z.B. ein Blick ins Handelsregister, Gewerbezentralregister oder in öffentliche Gerichtsverfahren erfolgen, um etwaige Unstimmigkeiten aufzudecken. Zudem gibt es spezialisierte Compliance-Register: In Deutschland etwa liefert das neue Wettbewerbsregister beim Bundeskartellamt eine zentrale Datenbank, in der eingetragen ist, ob ein Unternehmen aufgrund bestimmter Rechtsverstöße von Vergabeverfahren auszuschließen ist[10]. Der Auftraggeber kann dieses Register abfragen, um zu prüfen, ob gegen einen Bieter relevante Einträge (z.B. wegen Korruption oder schwerer Gesetzesverstöße) vorliegen. Gegebenenfalls kann auch eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister oder bei früheren Auftraggebern eingeholt werden. Des Weiteren kann der Auftraggeber Audits oder Nachprüfungen durchführen – etwa Einsicht in Unterlagen verlangen. Die Bieter müssen sich in der Ausschreibung damit einverstanden erklären, dass ihre Angaben auf Richtigkeit überprüft werden.

  • Falschangaben führen zum Ausschluss: Stellt sich heraus, dass ein Bieter in seinen Compliance-Angaben falsche oder irreführende Informationen geliefert hat, wird sein Angebot umgehend vom Verfahren ausgeschlossen. Jede unzutreffende Aussage, bewusste Auslassung oder Täuschung hinsichtlich der Kriterien aus diesem Leitfaden gilt als schwerwiegender Verstoß gegen die Bieterpflicht zur Wahrheitsangabe. Die Vergabestelle wird in einem solchen Fall das Angebot wegen Unzuverlässigkeit ausschließen. Nach gängigen Vergabebestimmungen können Bieter ausgeschlossen werden, wenn sie geforderte Informationen wesentlich falsch darstellen oder verschweigen, insbesondere wenn es um Ausschlussgründe geht[6]. Praktisch bedeutet das: Sollte ein Bieter z.B. einen laufenden Rechtsstreit oder einen früheren Vertragsabbruch verschwiegen haben, und dies kommt ans Licht, so wird er vom weiteren Verfahren disqualifiziert – unabhängig von den sonstigen Qualitäten seines Angebots. Ehrlichkeit bei den Eigenerklärungen ist daher unabdingbare Voraussetzung; bewusst falsche Erklärungen gelten als arglistige Täuschung gegenüber dem Auftraggeber und führen zum sofortigen Ausschluss und möglichen weiteren rechtlichen Konsequenzen.

Bewertungsmerkmale bei der Vergabe

Zweck: Verankerung der Compliance-Integrität im Zuschlagskriteriensystem. Dieses Kapitel stellt sicher, dass ein guter Compliance-Status nicht nur eine formale Hürde ist, sondern auch positiv in die qualitative Bewertung der Angebote einfließt. Ebenso werden Anbieter mit zweifelhaftem Hintergrund konsequent ausgeschlossen. Ziel ist es, einen Anreiz für vorbildliche Compliance zu schaffen: Bieter, die in zuverlässige Compliance-Systeme investiert haben, sollen einen Vorteil im Wettbewerb haben, während Bieter mit schweren Verfehlungen keinerlei Chance auf den Zuschlag erhalten.

Kriterien:

  • Pflicht zur Einreichung aller Compliance-Nachweise: Zunächst wird klargestellt, dass die vollständige Vorlage der in Abschnitt 5 genannten Erklärungen eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass ein Angebot überhaupt gewertet wird. Erfüllt ein Bieter diese Vorlagepflicht nicht, wird sein Angebot als nicht zuschlagsfähig aus dem Verfahren genommen. Dieses Kriterium wirkt wie ein Ausschlusskriterium (K.O.-Kriterium): Fehlt z.B. die unterzeichnete Compliance-Erklärung oder ist sie unvollständig, bleibt das Angebot unberücksichtigt – selbst wenn es preislich oder technisch überzeugen würde. Damit ist sichergestellt, dass kein Bieter einen Vorteil dadurch erlangt, dass er Compliance-Informationen zurückhält.

  • Zusätzliche Bewertung für proaktive Compliance-Maßnahmen: Bieter, die über die Minimalanforderungen hinaus eine aktive Compliance-Kultur nachweisen können, werden im Bewertungsverfahren positiv berücksichtigt. Konkret kann dies bedeuten, dass im Rahmen der qualitativen Bewertung (Technisches Konzept/Qualitätskriterien) Punkte für ein gut ausgebautes Compliance-Management vergeben werden. Ein Indikator wäre z.B., ob der Bieter ein zertifiziertes Compliance-Management-System besitzt – etwa nach ISO 37301. Ein solches Zertifikat belegt, dass das Unternehmen ein effektives System implementiert hat, um kontinuierlich Rechtsvorschriften und ethische Standards einzuhalten, was seinen Ruf verbessert und Vertrauen bei Geschäftspartnern schafft[7]. Denkbar ist, dass ein Bieter mit ISO-37301-Zertifizierung oder einem gleichwertigen Compliance-Gütesiegel im Bewertungsschema einen Bonus erhält. Auch Faktoren wie vorhandene Compliance-Beauftragte, regelmäßige Mitarbeiterschulungen zu Compliance-Themen oder Mitgliedschaften in branchenspezifischen Compliance-Initiativen können in die Bewertung einfließen. Durch diese Gewichtung honoriert der Auftraggeber eine präventive und systematische Herangehensweise an Compliance.

  • Ausschluss bei schweren Verstößen (Nichtberücksichtigung selbst bei guter Bewertung): Ungeachtet aller Punktwerte in anderen Kategorien gilt: Ein Bieter, der schwere rechts- oder compliancebezogene Verfehlungen in der Vergangenheit begangen hat, kommt nicht für den Zuschlag in Betracht. Unter solche Verfehlungen fallen z.B. rechtskräftige Verurteilungen wegen Betrugs, Korruption, Beteiligung an organisierter Kriminalität oder schwerwiegenden Verstößen gegen Arbeits- oder Sozialvorschriften. Gemäß den gesetzlichen Vergabevorgaben müssen Bieter mit derartigen Verurteilungen für eine bestimmte Dauer ausgeschlossen werden (in der Regel bis zu fünf Jahren ab dem Urteil)[8]. Der Leitfaden übernimmt dieses Prinzip und stellt klar, dass Angebote von Bietern, die z.B. eine einschlägige Korruptionsverurteilung haben oder wiederholt gegen arbeitsrechtliche Pflichten verstoßen haben, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Dies ist unabhängig davon, welche Qualität das Angebot in anderen Bereichen hat – bei Compliance-Integrität gibt es kein Abwägen. Ein mangelhaftes Compliance-Leumundszeugnis führt zum sofortigen Ausschluss. Die Vergabestelle wird bei Zweifeln entsprechende Nachprüfungen (siehe Abschnitt 5, z.B. Wettbewerbsregister-Abfrage) durchführen und hat einen weiten Ermessensspielraum, Angebote aufgrund negativer Compliance-Bewertungen auszuscheiden.

Laufende Compliance-Überwachung während der Vertragslaufzeit

Zweck: Sicherstellung der Compliance-Konformität auch nach der Vergabe, während der gesamten Leistungserbringung. Die Anforderungen dieses Abschnitts halten den Dienstleister dazu an, die einmal gegebenen Zusagen permanent einzuhalten, und geben dem Auftraggeber Instrumente an die Hand, dies zu überprüfen. So wird verhindert, dass ein Dienstleister nach Zuschlag in Nachlässigkeit verfällt oder Probleme verschweigt – die Compliance bleibt ein fortwährendes Kernthema im Vertragsmanagement.

Vorgaben:

  • Jährliche Vorlage aktualisierter Compliance-Erklärungen: Vom beauftragten Dienstleister wird verlangt, jährlich eine aktualisierte Compliance-Selbstauskunft abzugeben. In dieser bestätigt der Dienstleister, dass die Voraussetzungen, die er im Vergabeverfahren zugesichert hat, weiterhin erfüllt sind – d.h. dass keine erheblichen Vertragsverstöße oder neuen Rechtsprobleme aufgetreten sind und alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Dieser jährliche “Compliance-Check” kann z.B. im Rahmen von Jahresgesprächen oder zum Jahrestag des Vertrags erfolgen. Er dient als formalisierter Nachweis der kontinuierlichen Zuverlässigkeit. Sollte der Dienstleister eine solche Erklärung einmal nicht abgeben können (weil inzwischen ein Problem aufgetreten ist), muss er dies offenlegen; der Auftraggeber kann dann entscheiden, ob der Verstoß tolerierbar ist oder Maßnahmen ergriffen werden müssen.

  • Laufende Meldungen von Compliance-Vorfällen: Unabhängig von der jährlichen Routine müssen neue Compliance-Vorfälle unverzüglich gemeldet werden. Dieses Prinzip wurde bereits bei den Anforderungen an Bieter festgelegt und gilt im Vertragsverhältnis fort. Konkret verpflichtet der Vertrag den Dienstleister, den Auftraggeber sofort zu informieren, wenn z.B. ein Arbeitsunfall, eine behördliche Untersuchung, ein Strafverfahren oder ein sonstiger ernsthafter Regelverstoß im Zusammenhang mit der Leistung auftritt. Transparenz ist hier entscheidend: Der Auftraggeber darf nicht erst am Ende des Jahres aus der Presse erfahren, dass sein Empfangsdienstleister z.B. in einen Korruptionsskandal verwickelt ist. Durch die sofortige Meldung hat der Auftraggeber die Möglichkeit, schnell gegenzusteuern – etwa durch gemeinsame Entwicklung eines Abstellmaßnahmenplans – oder im Extremfall sich auf eine Vertragsbeendigung vorzubereiten, falls der Vorfall das Vertrauensverhältnis zerstört.

  • Audit- und Prüfrechte des Auftraggebers: Der Auftraggeber erhält im Vertrag das explizite Recht, beim Dienstleister Compliance-Prüfungen durchzuführen. Das kann bedeuten, dass er Einsicht in bestimmte Unterlagen verlangt (etwa in Lohnabrechnungen, um die Mindestlohneinhaltung zu überprüfen, oder in Schulungsnachweise der Sicherheitskräfte). Es kann auch bedeuten, dass er Vor-Ort-Audits vornimmt oder einen unabhängigen Auditor einschaltet, der die Einhaltung der vertraglichen Pflichten kontrolliert. Der Dienstleister muss solcherlei Audits dulden und unterstützen. Diese Prüfrechte sorgen dafür, dass “Vertrauen gut, Kontrolle besser” umgesetzt werden kann – der Auftraggeber verlässt sich nicht bloß auf die Zusicherungen, sondern kann stichprobenartig oder anlassbezogen selbst die Lage überprüfen. Typischerweise werden Prüfungen angekündigt und im normalem Umfang durchgeführt, aber der Auftraggeber kann bei Verdacht auf grobe Verstöße auch Sonderprüfungen anordnen.

  • Sanktionen bis hin zur Vertragskündigung: Der Vertrag wird konkrete Sanktionsmöglichkeiten für den Fall festlegen, dass der Dienstleister gegen Compliance-Pflichten verstößt. An oberster Stelle steht dabei das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund. Sollte also herauskommen, dass der Dienstleister während der Vertragslaufzeit schwere Verstöße begeht oder falsche Zusicherungen gemacht hat, kann der Auftraggeber den Vertrag fristlos beenden. In der Praxis ist dies z.B. vorgesehen, wenn ein Auftragnehmer gegen Auflagen zur Tariflohnbindung verstößt oder illegale Beschäftigung praktiziert – ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass in solchen Fällen Vertragsstrafen bis zu 10% des Auftragswertes verhängt und ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt werden können[9]. Neben Kündigung oder Vertragsstrafen kommen je nach Schweregrad auch mildere Mittel zum Einsatz: Der Auftraggeber kann den Dienstleister schriftlich abmahnen und zur Binnenfrist zur Behebung eines Verstoßes auffordern. Ebenfalls kann vertraglich vereinbart sein, dass der Auftraggeber bei Verstößen bestimmte Zahlungen einbehält oder Schadenersatz fordern kann. Letztlich soll der Dienstleister wissen, dass Compliance-Verstöße nicht folgenlos bleiben: Halten sie die vertraglich zugesicherten Standards nicht ein, riskieren sie finanzielle Einbußen oder sogar den Verlust des Auftrags. Dieses Drohpotenzial stellt sicher, dass der Dienstleister die Bedeutung von Rechts- und Compliance-Treue während der gesamten Vertragsdauer ernstnimmt.